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In vieler Hinsicht haben wir das Bestreben, unsere Europäischen Landschildkröten möglichst naturnah zu halten. Nur bei der Überwinterung weichen gängige Empfehlungen erheblich von den natürlichen Bedingungen ab: Gern wird zu konstanten Temperaturen und einer unbedingt frostfreien Umgebung geraten. Überwinterungsboxen werden mit Substraten mit Torfanteilen, Kokosfaser oder Sphagnummoos gefüllt. Das beliebteste Überwinterungsquartier ist der Kühlschrank, der in keiner Weise an einen Unterschlupf erinnert, den sich eine Schildkröte in freier Wildbahn suchen würde.
Das Winterklima in den Schildkrötengebieten Die klimatischen Gegebenheiten in den Schildkrötengebieten Europas sind äußerst unterschiedlich. Schildkröten kommen sowohl in küstennahen Gebieten am Mittelmeer und nahe der Schwarzmeerküste vor, als auch in kontinentalen Klimaregionen auf dem Zentralbalkan. Der Blick auf eine Klimakarte macht deutlich, wie unterschiedlich die durchschnittlichen Wintertemperaturen im Lebensraum der europäischen Landschildkröten sind. Die roten Punkte markieren einige Hauptstädte und dienen zur Orientierung Karte: Gunda Meyer de Rojas Veröffentlichung und Weitergabe unterliegt dem Copyright
Tagestemperaturen der Monate November 2008 bis Februar 2009 in Thessaloniki/ Nordgriechenland (rot) und in meinem Wohnort Bad Nenndorf/ Norddeutschland (blau) Der grau unterlegte Bereich zeigt die oft empfohlene ideale Überwinterungstemperatur. Während auf den Balearen, auf Sizilien oder auf der Peloponnes im Winter durchschnittlich 10°C herrschen und sowohl Menschen als auch Schildkröten im Dezember noch Sonnenbäder nehmen, gibt es in Mazedonien, Rumänien und Bulgarien Gegenden, die im Winter mit Schnee und Eis bedeckt sind und in denen die Zahl der Frosttage ähnlich hoch liegt wie in vielen Regionen Deutschlands mit sogar noch tieferen Spitzenwerten. Die Temperaturen unterliegen überall starken Schwankungen. Alle Schildkrötengebiete haben allerdings gemeinsam, dass der Winter später einsetzt als bei uns. Der Frühlingsbeginn kann sich dagegen in meeresfernen Gebieten hinauszögern. Viele Schildkröten befinden sich in Nordgriechenland oder an der Schwarzmeerküste noch in ihren Verstecken, während sie bei uns schon mehrere Wochen durch geheizte Gewächshäuser laufen. Unterschiedliche Schildkrötenarten - Unterschiedliche Ansprüche an das Winterquartier In vielen Ratgebern wird für alle Europäischen Landschildkrötenarten eine einheitliche Durchschnittstemperatur und eine durchschnittliche Überwinterungsdauer (beispielsweise 4,5°C über 3,5 Monate) empfohlen. Man geht davon aus, dass alle Schildkröten schon irgendwie in diese Schublade passen. In den allermeisten Fällen funktioniert das auch einwandfrei, denn Schildkröten sind extrem anpassungsfähig. "Naturnahe Überwinterung" bedeutet, die Bedingungen des natürlichen Lebensraums soweit wie möglich nachzubilden. Hier einige Eckdaten für die verschiedenen Arten und Unterarten. Die Überwinterungsdauer berechnet sich nach dem Zeitraum der letzten Nahrungsaufnahme bis zum Auftauchen. Ich danke Hannelore Müller, Barbara Hentschke, Klaus Szafranek, Corinna Herzig, Ivo Ivanchev und Iva Lalovska, die durch Erfahrungsberichte und Korrekturen zur der Tabelle beigetragen haben. Der Temperaturverlauf in freier Wildbahn erfolgt jedoch niemals linear. Die Tiere kommen sehr gut mit schwankenden Temperaturen zurecht. Es gibt Hinweise darauf, dass bestimmte kälteliebende Keime sich bei schwankenden Temperaturen gegenseitig in Schach halten und es dadurch seltener zu typischen bakterien oder pilzbedingten Krankheiten während der Winterstarre kommt. Siehe dazu meine kleinen Experimente "Gemüse im Dienste der Wissenschaft" Verbreitungsgebiete der Europäischen Landschildkröten: Thh, Thb, Tgi, Tm T.marginata, T.graeca ibera und T.horsfieldii bevorzugen trockene Lebensräume und reagieren bei zu feuchter Überwinterung unter menschlicher Obhut leicht mit einem Schnupfen. T.hermanni hermanni und vor allem T.hermanni boettgeri sind eher in feuchteren Bereichen anzutreffen. T.hermanni hermanni überwintert in ihrem Herkunftsgebiet, den Küstenregionen des Mittelmeers, kürzer und wärmer als T.hermanni boettgeri auf dem Zentralbalkan, wo die Winterstarre bis zu 5,5 Monate dauern kann. Halter von T.hermanni hercegovinensis berichten, dass sich ihre Tiere im Vergleich zu T.hermanni boettgeri früher zurückziehen und später wieder zum Vorschein kommen. Diese Gewohnheit scheinen sie auch unter menschlicher Obhut beizubehalten. Wer eine naturnahe Überwinterung anstrebt, wird also versuchen Klima und Länge der Winterstarre dem Ursprungsgebiet seiner Schützlinge anzupassen. Das ist jedoch leichter gesagt als getan. Besonders bei T.hermanni boettgeri und T.graeca ibera stößt man an seine Grenzen. Diese Unterarten kommen sowohl in Gebieten mit milden als auch in Gebieten mit eisigen Wintern vor. Aufgrund äußerer Merkmale, wie Panzerzeichnung oder Größe, ist eine Herkunftsbestimmung schwierig. Auf meinen Reisen in verschiedene Herkunftsgebiete von T.hermanni boettgeri war ich immer wieder überrascht, wie vielfältig ihre Erscheinungsformen in ein und demselben Gebiet sind. Bei Nachfolgegenerationen ist eine Bestimmung der ursprünglichen Heimat unmöglich, denn kaum jemand weiß, aus welchen Regionen die Eltern- oder Großelterntiere stammen. Naturnahe Haltung bedeutet für mich, dass man den Bedürfnissen der individuellen Schildkröte entgegenkommt. Ich möchte dazu ermutigen, auf die Instinkte der SK zu vertrauen und ihnen möglichst wenig aufzuzwingen.
Überwinterungsquartiere im natürlichen Lebensraum von T.hermanni boettgeri und T.graeca ibera
In Bulgarien nahe der Schwarzmeerküste ließ ich mir typische natürlche Überwinterungsquartiere zeigen. Sehr gern überwintern Thb und Tgi an südlich ausgerichteten Rändern von Gebüschen und Wäldern. Beliebt sind auch Hänge, die mit Dornengestrüpp überzogen sind. Das darunter wachsende gelbe, trockene Gras bildet einen guten Schutz gegen Kälte. Das Substrat, in dem sich die Tiere eingraben, ist mit Laubresten durchsetzter Waldboden.
Hilfe! Meine Schildkröte vergräbt sich schon im September! Individuelles Verhalten in der Vorbereitungsphase Bekanntlich ist der Organismus der Schildkröte durch die Umgebungstemperatur und - nicht zu unterschätzen – durch das Licht gesteuert. Dieses Zusammenspiel setzt Stoffwechsel und Hormonproduktion in Gang oder bremst bestimmte Stoffwechselfunktionen. Wer mehrere Schildkröten hält, wird dennoch beobachten, dass ihre innere Uhr trotz gleicher äußerer Bedingungen unterschiedlich tickt - selbst innerhalb der selben Unterart. Manche Tiere werden in der Vorbereitungsphase unruhig, andere werden phlegmatisch. Einige nehmen dankbar den Unterschlupf an, den wir für sie hergerichtet haben, andere begeben sich Abend für Abend stur in die kälteste und feuchteste Ecke des Geheges. Der Zeitpunkt des endgültigen Vergrabens liegt bei meinen eigenen T.hermanni boettgeri bei gleichen Umgebungsbedingungen zwischen Ende September und Mitte November. Männchen bleiben in der Regel (nicht immer) länger aktiv als Weibchen. Junge Tiere reagieren sensibler auf fallende Nachttemperaturen als ältere Tiere. Schlüpflinge kommen bisweilen bei wärmeren Temperaturen noch einmal zum Vorschein, um sich zu sonnen. Ebenso verhalten sich meine juvenilen T.hermanni hermanni. Kontraproduktiv wäre es, seine Schildkröte jetzt in ein Zimmerterrarium zu bringen. Hier wird den Tieren einerseits durch sommerliche Temperaturen der Hochsommer vorgegaukelt, während die Lichtmenge in den meisten herkömmlichen Terrarien eher dem tiefsten Winter entspricht. Es ist außerdem nahezu unmöglich, in einem Zimmerterrarium die Nachttemperaturen bereitzustellen, die erforderlich sind, damit der Organismus zur Ruhe kommt. Wenn diese Tiere sich nicht vergraben wollen oder schlecht verdauen, ist das ein menschengemachtes Problem. WAS TUN? Ab ca. Ende September lasse ich meine Schildkröten wählen, ob und wo sie sich vergraben wollen. Zur Verfügung stehen das Gewächshaus oder das Freigehege. Gelegentlich hört man von Schildkröten, die sich bereits Mitte September oder gar noch früher zurückziehen wollen. Manchmal kann man den Sommer verlängern, indem man sie täglich ins geheizte Frühbeet oder Gewächshaus setzt. Oft hilft das aber nicht. Die Tiere verlieren Gewicht und Energie, indem sie sich immer wieder aufs Neue eingraben. In diesem Fall ist es besser, sie gewähren zu lassen und sie Anfang Februar in ein Übergangsterrarium zu setzen. Mir sind auch Thb bekannt, die Jahr für Jahr eine fast 6-monatige Winterruhe halten, ohne gesundheitliche Schäden davon zu tragen. Lediglich bei kranken Tieren oder Tieren aus jahrelanger Fehlhaltung, deren Instinkte zwar nicht verkümmern, die jedoch bestimmte Gewohnheiten angeeignet haben, ist ein sanftes Eingreifen durch den Halter erforderlich.
So überwintern meine Schildkröten im Gewächshaus ein Erfahrungsbericht Ich lebe in Norddeutschland und halte seit über 50 Jahren europäische Landschildkröten. Derzeit halte ich T.hermanni boettgeri und T.hermanni hermanni, die verschiedene Freigehege mit jeweils einem Frühbeet oder Gewächshaus zur Verfügung haben. Im Laufe der Jahre habe ich nahezu alle gängigen Überwinterungsmöglichkeiten praktiziert: In den 70-er Jahren verbrachten sie den Winter in der Speisekammer meines Elternhauses, später in Keller, Werkstatt und Garage. Wenn eine Schildkröte zwischenzeitlich unruhig wurde, kam sie ins Haus oder sie lief sogar durch die Küche. Wenn ein Ausreißer nicht rechtzeitig vor dem Wintereinbruch wieder gefunden wurde, überwinterte er im Freiland und kam Anfang April selbstständig zum Vorschein. Anfang des Jahrtausends packte ich meine Schildkröten dem allgemeinen Trend folgend einen Kühlschrank. Seit mehreren Jahren überwintern meine Schildkröten nun im Gewächshaus, was mir im Hinblick auf eine naturnahe Überwinterung die optimale Lösung zu sein scheint. Verluste hatte ich in all den Jahrzehnten so gut wie keine. Nur einmal wurden einige Schildkröten im Keller während eines besonders kalten Winters von Ratten gebissen, und in einem ebenfalls frostigen Winter wurden einige Schlüpflinge im (verschlossenen!) Frühbeet von Brandmäusen aufgefressen. Seitdem sind Mausefallen bzw. Köder ein absolutes MUSS. Meine derzeitige Methode – die Gewächshausüberwinterung - möchte ich an dieser Stelle genauer vorstellen. Es ist eine Methode, die stressfrei für Mensch und Tier ist. Die beschriebene Form der Vorbereitung und Überwinterung bietet die Möglichkeit, den natürlichen Temperaturverlauf nachzubilden. Für den Erfolg der Winterstarre ist die Vorbereitunsphase von besonderer Bedeutung. Die ersten Anzeichen der Vorbereitung kann man etwa Mitte August beobachten. Kaum zu glauben, dass jetzt bereits die Vorbereitungsphase beginnt Im natürlichen Lebensraum und unter naturnahen Haltungsbedingungen ist die Wachstumsphase für das betreffende Jahr nahezu abgeschlossen. Das Gewicht stagniert. Obwohl in vielen Gegenden Norddeutschlands gerade um diese Jahreszeit Futterpflanzen üppig wachsen, wird in der zweiten Augusthälfte schon weniger gefressen als im Hochsommer. Einsteiger in die Schildkrötenhaltung machen sich oft Sorgen, dass Appetitlosigkeit und nachlassendes Wachstum etwas mit einer Krankheit oder Parasiten zu tun haben könnten. Extra Leckerlis werden angeboten, um sie zum Fressen zu animieren und es wird mit künstlicher Hitze versucht, dem natürlichen Rhythmus entgegenzuwirken. Meiner Erfahrung nach reicht es aus, wenn die Schildkröten in ihrem Freigehege jederzeit Zugang zu einem Gewächshaus oder Frühbeet haben, das sich durch den Thermoeffekt aufheizt, ohne dass man im August schon eine Heizung einsetzen muss. Eine Kontrolle auf Parasiten schadet niemals. Für eine Entwurmung ist es allerdings Mitte August schon fast zu spät. Wenn ein hochgradiger Befall an Würmern festgestellt wurde, ist jetzt die allerletzte Gelegenheit für eine Wurmkur. Ab Ende August beobachte ich, dass verschiedene Übernachtungsplätze ausprobiert werden. In einem großzügigen Freigehege kann sich jede Schildkröte einen Platz wählen, der ihren individuellen Bedürfnisssen entspricht. Beliebt sind Grasbüschel oder Wurzelbereiche von Sträuchern, von denen später Laub herabfallen wird. Auch Haufen aus Pflanzenschnitt werden sehr gern angenommen, wohl wegen der durch die Kompostierung entstehende Wärme. Die alteingesessenen Bewohner meines Schildkrötengeheges suchen Jahr für Jahr die selbe Stelle auf. Ich habe den Eindruck, dass besonders die alten Weibchen Anspruch auf ihre Stammplätze erheben und sich gegenseitig verjagen oder Dominanzverhalten zeigen, indem sie aufeinander aufreiten. Diese Beobachtung bestätigen allerdings nur wenige Schildkrötenhalter. Plätze zum morgendlichen Aufwärmen sind wichtig. Die tiefer stehende Sonne wirft Ende August bereits deutlich längere Schatten als im Hochsommer. Der Sonnenstand entspricht dem im April, wobei im Gegensatz zum Frühjahr die Bäume nun dicht belaubt sind. Um Sonnenplätze optimal auszunutzen, müssen üppige Sträucher und Gewächse im und ums Gehege zurück geschnitten werden. Im Frühbeet oder Gewächshaus ist darauf zu achten, dass Aufbauten keine großflächigen Schatten werfen. Jeder Lichtfleck ist kostbar. Im September ist es Zeit, thermostatgesteuerte Wärmelampen oder andere Heizmöglichkeiten im Gewächshaus zu installieren, die bei dauerhaft trübem Wetter in Betrieb genommen werden. Ich verwende PAR-38-Strahler aus der Zeit vor der Energiewende, die für den Außenbereich geeignet sind mit einer Stärke von 70 oder 100 Watt. Die heutzutage erhältlichen Halogenstrahler haben eine geringere Wärmeausbeute, können aber ebenfalls verwendet werden. Schlüpflinge reagieren sensibel auf kühle Nachttemperaturen. Eine Heizmöglichkeit verhindert, dass sie sich bereits Mitte September unwiderruflich vergraben. Eine indirekte Heizquelle ist bei Schlüpflingen besser geeignet als direkte Hitze durch Strahler. So gelingt es, Höckerbildung durch Austrocknung zu vermeiden. Nachts heize ich im September noch nicht. Soll ich meine Schildkröte baden? Kontrovers wird in sozialen Netzwerken die Frage diskutiert, ob man seine Schildkröte baden soll. Hier gibt es Befürworter und erbitterte Gegner des "Zwangsbadens". Ich selbst bade meine Schildkröten dann, wenn sie von sich aus nicht ins Wasser gehen. Alarmiert wurde ich durch Obduktionsberichte verstorbener Schildkröten von befreundeten Haltern. Bei den betroffenen Tieren hatte verhärteter Kot zu einer Darmentzündung und dadurch zum Tod während der Überwinterung geführt. Wenn eine Schildkröte sich weigert, die Badeschale aufzusuchen, helfen folgende Tricks, das Becken einladend zu gestalten. Dunkler Kunststoff wärmt das Wasser schneller auf als ein helles Material. Etwas Moos oder Pflanzenschnitt in der Wasserschale macht das Bad für gleich viel attraktiver, denn besonders die Jungtiere sitzen nicht gern auf dem Präsentierteller. Ein oft geäußertes Argument gegen das Baden lautet "In der Natur badet sie auch keiner." Das stimmt zwar, jedoch ist der Herbst in fast allen Schildkrötengebieten die Jahreszeit mit den heftigsten Regenfällen. Die Schildkröten baden also auch im natürlichen Lebensraum nicht unbedingt freiwillig. Der länger feucht bleibende Bewuchs im Gehege und Bäder kurbeln die Verdauung an. Die Tiere befreien ihren Verdauungstrakt von unnötigem Ballast, was man an vermehrter Kotabgabe feststellen kann. Eine Gewichtsabnahme von 5 bis 8% im Herbst ist nicht nur völlig natürlich, sondern auch notwendig. Die Schildkröten nehmen zwar noch geringe Mengen an Nahrung auf, aber kontraproduktiv wäre es, sie jetzt mit ihrem Lieblingsfutter zu verwöhnen. Oktober: Nun beginnt die Fastenzeit. Einige Schildkröten bleiben bereits an dem Ort, den wir für die Überwinterung vorgesehen haben. Andere verhalten sich rastlos und versuchen sogar aus dem Gehege auszubrechen. In dieser Phase sollte täglich kontrolliert werden, dass die Schildkröte nicht verschwindet. Einige sind wahre Meister darin, sich im Gehege zu verstecken. Jeden Herbst häufen sich die Meldungen über vermeintlich gestohlene oder entlaufene Schildkröten, wobei die Tiere glücklicherweise öfter als gedacht im nächsten Frühjahr wieder im eigenen Gehege auftauchen. Damit es nicht zu ungewollten Freilandüberwinterungen kommt, empfiehlt es sich, das Gehege rechtzeitig provisorisch zu verkleinern, beispielsweise mit Brettern oder aufgestapelten Ziegelsteinen. Die Schildkröten verlassen nun ihre Nachtquartiere seltener. An trüben Tagen kommen sie überhaupt nicht mehr zum Vorschein. Jedoch sobald sich die Sonne zeigt, genießen sie die letzten wärmenden Strahlen. Morgens glänzen ihre kalten Panzer vom Konenzwasser, das sich auf ihnen niederschlägt. Ein Anblick, den man auch aus dem natürlichen Lebensraum kennt. Einige Schildkröten verbringen die Nächte im Gewächshaus, andere in feuchten Verstecken im Freigehege. Das Gewächshaus oder Frühbeet empfinden viele Schildkröten als weniger anheimelnd als man das aus menschlicher Perspektive vermutet. Ich gehöre zu den wenigen Haltern, die ihre Schildkröten nicht Nacht für Nacht ins Frühbeet oder Gewächshaus einsprerren. Zwar können Hunde, Krähen, Füchse, Marder, Wiesel, Waschbären und Ratten den Schildkröten gefählich werden, die Gefahr, Fressfeinden zum Opfer zu fallen, ist allerdings tagsüber nicht wesentlich geringer. Mir sind mehr Fälle bekannt, in denen Schildkröten tagsüber von Krähen oder Hunden attackiert wurden als dass sie nachts aus von Fressfeinden aus ihren Verstecken gezerrt oder ausgegraben wurden. Bei mir ist im Freiland in mehreren Jahrzehnten noch keine einzige Schildkröte zu Schaden gekommen, obwohl auf meinem Grundstück nachts allerlei Prädatoren unterwegs sind. Dokumentiert wird das durch die Beute, die die Katze anschleppt oder hin und wieder durch Todesfälle im Hühnerstall. Die einzigen bisherigen Übergriffe durch Nager ereigneten sich ausgerechnet in geschlossenen Räumen, wie oben beschrieben. Meine Schildkröten dürfen daher die Nächte in ihren selbstgewählten feuchten Verstecken im Freigehege verbringen. Ich betone an dieser Stelle deutlich: Das ist keine allgemeingültige Empfehlung, sondern nur eine Schilderung meiner eigenen Erfahrungen. In freier Wildbahn ist jetzt die Schlupfsaison in vollem Gange. Bei einsetzendem Herbstregen kommen die Winzlinge aus ihren Eigruben, während die unter menschlicher Obhut geschlüpften Schildkrötenbabys schon 2-3 Monate Zeit zum Fressen und Wachsen hatten. Bewohner von Schildkrötengebieten berichten, dass Schlüpflinge in der Natur länger munter sind als die adulten. Während diese bereits in ihren Winterquartieren verschwunden sind, nehmen die Schildkrötenbabys Nahrung auf und setzen sich der Sonne aus. Und das manchmal sogar noch an frostigen Tagen! Es wird auch berichtet, dass Schlüpflinge bei ungünstiger Witterung den kompletten Winter in der Eigrube verbringen und erst im folgenden Frühjahr ans Tageslicht kommen. (3) Dem natürlichen Vorbild entsprechend versuche ich, meine Schlüpflinge aus dem selben Jahr etwas länger wach zu halten als die älteren Tiere, indem ich ihnen im Oktober zusätzliche Wärme anbiete. Das Schlüpflingsgehege wird dabei nicht ins Haus geholt, sondern bleibt im Gewächshaus, da hier die Lichtausbeute größer ist und eine Nachtabsenkung besser zu bewerkstelligen ist. Auch Jungtiere und sogar Schlüpflinge können im Gewächshaus überwintern. Man teilt einen kleinen Bereich den Gewächshauses mit Brettern oder Steinen ab oder vergräbt einen Maurerkübel halb in der Erde, damit man die Winzlinge später wieder findet. Früher habe ich gern halb vergrabene Styroporboxen verwendet. Jedoch habe ich festgestellt, dass Mäuse nagen gern an diesem Material nagen. Es kommt auch vor, dass Schildkröten daran herumknabbern und man im Kot kleine weiße Kügelchen findet. Schlafboxen und Schlafhäuser sollten nur in mäusefreien Zonen für die Winterstarre verwendet werden, denn sie bieten den Nagern einen perfekten Unterschlupf. Wenn in strengen, schneereichen Wintern das Futter knapp wird, gehen Mäuse auch an Schildkröten. Leider musste auch ich diese Erfahrung schon machen. Vielleicht ist dies der Grund, warum manche Schildkröten nicht freiwillig in Schlafhäusern überwintern, sondern sich instinktiv lieber im Wurzelbereich von Pflanzen eingraben. Mitte Oktober – Anfang November: Den Überwinterungsbereich im Gewächshaus, einen ca. 3,80 langen und 1m breiten Streifen an der Längsseite des Gewächshauses umgrenze ich mit Ziegelsteinen und Brettern. Alle Schildkröten werden an ihren endgültigen Überwinterungsplatz getragen, falls sie sich nicht von selbst dort eingefunden haben. Lediglich diejenigen, die tief im Erdreich vergraben sind, dürfen noch bis zum ersten strengen Frost im Freigehege bleiben. Mittlerweile habe ich einige Jutesäcke voll herabgefallenes Buchenlaub aus dem Kurpark meines Wohnortes geholt, das als Überwinterungssubstrat besonders geeiget ist. Es nimmt Feuchtigkeit gut auf und gibt sie wieder ab ohne zu schimmeln und es speichert viel Luft zwischen den Blättern. Im kommenden Jahr verrottet es rückstandslos und lockert dabei die Erde. Das aufgehäufte Laub schütte ich direkt in den abgegrenzten Bereich. Es wird nicht vorher getrocknet. Meine Schildkröten sind sichtlich begeistert von dem waldfeuchten Laub und wühlen sich sofort in die Haufen hinein. Das Laub bleibt so lange liegen, bis sich die Schildkröten komplett in der Erde vergraben haben. Auch Eichenlaub, gemischtes Laub oder Stroh wäre als Substrat geeignet, wobei Stroh – dem Boden zuliebe - im Frühjahr entfernt werden sollte. November: Auf die Umgrenzung des Überwinterungsbereiches lege ich große Gitterrahmen. Praktischerweise sind es die Rahmen, die ich ansonsten zur Gehegeabdeckung der Jungtiere verwende. Die Lampen werden nun durch Heizmatten oder Heizkabel ersetzt. Heizmatten werden auf die Gitterrahmen gelegt, Heizkabel durch die Maschen geflochten. Sie werden mit den Thermostaten verbunden, deren Fühler ein paar Zentimeter tief in die Erde versenkt und mit einem Stein beschwert werden. Die Thermostate werden so geregelt, dass sie bei 3°C anspringen und bei 5°C wieder ausgehen. Die Temperaturen im Erdboden des Gewächshauses sinken erfahrungsgemäß sehr langsam, ebenso wie in den natürlichen Habitaten. Unter der Erde beträgt die Temperatur normalerweise noch Ende November um die 8°C, selbst wenn es außerhalb des Gewächshauses schon Bodenfrost gab. Um die Schildkröten zu animieren, sich tief zu vergraben, müssen die Bodentemperaturen möglichst unter 5°C liegen. Ein zu frühes Heizen würde den Vorgang des Vergrabens stoppen. Man wird feststellen, dass die thermostatgesteuerten Heizungen erst bei strengem Frost ihren Betrieb aufnehmen, was selten vor Anfang Dezember der Fall ist. Erst wenn die Heizmatten und Heizkabel ihren Betrieb dauerhaft aufgenommen haben, entferne ich einen Teil der dicken Laubschicht. So kann die Wärme ungehindert in den Boden vordringen. Stroh muss wegen seiner besseren Isolationswirkung nahezu komplett entfernt werden. Das Laub kommt zurück in die Transportsäcke und wird als "Zudecke" auf die Gitterrahmen gelegt. Zusätzlich decke ich die Rahmen mit Kokosmatten, alten Wolldecken, locker aufgelegten Dämmplatten oder anderem verfügbaren Material ab. Bei dicht schließendem Plastik besteht Schimmelgefahr! Bei Verwendung eines Schlafhauses wird der Eingang mit Tannengrün oder Moos locker verschlossen. Falls eine Schildkröte ihren Standort wechseln oder noch einmal ans Tageslicht kommen möchte ist das bei diesem lockeren Aufbau jederzeit möglich. Bei T.hermanni boettgeri geschieht dies selten. Testudo hermanni hermanni und Testudo marginata neigen jedoch dazu, sich an sonnigen Tagen kurz aufzuwärmen und anschließend wieder in ihren unterirdischen Verstecken zu verschwinden. Dies ist auch im natürlichen Lebensraum der Fall und kein Grund zur Besorgnis (2,9) Ein vorübergehend aktivierter Stoffwechsel verhindert die Konzentration von Giftstoffen im Organismus und kann das Risiko von Bakterienbedingten Problemen, die sich in einer Panzerröte oder Sepsis manifestieren, verringern. (2,6) Auch aus diesem Grund empfinde ich den Kühlschrank als suboptimal. Meine T.hermanni boettgeri bewegen sich während des Winters weniger, sind aber keineswegs starr. Im Frühjahr bin ich immer wieder erstaunt darüber, dass sich manche Exemplare mehrere Meter von ihrem ursprünglichen Überwinterungsort entfernt haben. Wichtig ist der Einsatz von Mausefallen oder Ködern im Gewächshaus oder Frühbeet, die natürlich so angebracht werden müssen, dass keine Schildkröte versehentlich damit in Kontakt gerät. Dezember – Februar: Nun ist für Halter europäischer Landschildkröten die beste Zeit, um entspannt in den Urlaub zu fahren. Denn momentan gibt es nicht viel zu tun. Die Minimum-Maximum-Thermometer werden abgelesen und die Thermostaten werden gegebenenfalls nachreguliert. Sehr bequem ist ein Datenlogger, der im Abstand von 15 Minuten Temperaturen an unterschiedlichen Stellen im Gewächshaus misst und an den Computer übermittelt. Das Adrenalin steigt auch bei erfahrenen Haltern jedes Mal, wenn die Außentemperaturen in den zweistelligen Minusbereich gehen. Die installierten Heizmöglichkeiten sorgen dafür, dass die Bodentemperaturen im Plusbereich bleiben. Sollte es tatsächlich einmal kälter werden, werden die Schildkröten sich instinktiv tiefer eingraben. Diese Chance hätten sie bei Ausfall der Technik im Kühlschrank nicht. Zur eigenen Beruhigung kann man zusätzliche Lagen dämmendes Material um das Gewächshaus legen oder die Zweige von ausgedienten Weihnachtsbaum als Isolierung verwenden. Mausefallen oder -köder werden ebenfalls regelmäßig kontrolliert. Gelegentlich wird die Abdeckung angehoben, um nach dem Rechten zu sehen. Schildkröten, die von sich aus an die Erdoberfläche kommen, werden auf Pilzbefall und Panzerröte kontrolliert. Regelmäßiges Wiegen ist nicht notwendig. Während die Tiere in der Vorbereitungsphase deutlich abnehmen, bleibt das Gewicht während der eigentlichen "Winterstarre" nahezu konstant. So ist es übrigens auch bei kranken Schildkröten. Sollte doch ein Gewichtsverlust eintreten, deutet dies nicht unbedingt auf eine Krankheit hin, ebenso wenig zeigt ein gleichbleibendes Gewicht an, dass das Tier gesund ist. Für ein aussagekräftiges Wiegeergebnis müsste die Schildkröte ohnehin von anhaftender Erde befreit werden, was nicht ohne eine nachhaltige Störung der Ruhephase möglich ist. Temperaturen im Gewächshaus November bis Februar 2015/16 oben: minimale und maximale Lufttemperatur -8,5 bis +20°C unten: minimale und maximale Temperatur im Boden nahe bei den Schildkröten 0 bis 10,1°C März: Die Abdeckungen werden von den Quartieren entfernt. Die Sonne erwärmt Substrat und Boden. Eine Schildkröte nach der anderen kommt zum Vorschein. Einige meiner Schildkröten regen sich schon bei einer Bodentemperatur von etwa 9 °C, die Nachzügler bleiben bis zu etwa 14 °C unter der Erde. An trüben Tagen spenden die inzwischen wieder installierten thermostatgesteuerten Lampen Wärme. Nachts heize ich nur bei Frost ein wenig zu. Auf keinen Fall simuliere ich jetzt schon den Hochsommer.
Wenn die Schildkröten aus eigenem Antrieb hervorkommen, beginnen sie in der Regel zügig mit dem Fressen. Die ersten Wildpflanzen, wie Rauhe Gänsedistel, Kriechender Hahnenfuß, Karde oder zarte Gierschblättchen können schon gepflückt und im Gewächshaus serviert werden. Nun kann das neue Schildkrötenjahr beginnen. Nach der Überwinterung ist vor der Überwinterung!
Welches Laub ist geeignet?
Laub und anderes Pflanzenmaterial isoliert gegen Kälte und Wärme, gleicht Temperaturunterschiede aus und hält die Feuchtigkeit im Boden. Welches Laub geeignet ist, hängt vom Überwinterungsquartier ab. Je größer die Grube oder die Box, desto größer können auch die Blätter sein. Das ideale Blatt hat eine stabile Struktur und rollt sich leicht ein. Dabei bilden sich Luftkammern, die Wassertropfen speichern und isolierend wirken. Beim Hindurchlaufen rascheln die Blätter, beim zerdrücken in der Hand klingen sie wie zerbröselnde Chips. In einer kleinen Box im Kühlschrank dürfen die Blätter kleiner und feiner sein als in einer großen Grube im Gewächshaus. Die Ernte: Man wartet, bis der Baum im Oktober/ November seine Pflanzensäfte zurückgezogen hat und seine Blätter welk und braun vom Baum fallen lässt. Die Blätter können gern nass geregnet sein. Dadurch erhält der Boden eine Extraportion Feuchtigkeit. Die Schildkröten lieben es sehr, sich im feuchten Laub zu verkriechen. Später trocknen die Blätter von selbst. Meine TOP-Liste:
Weitere Informationen zu den Vor- und Nachteilen einiger bekannten Laubarten, die ich ausprobiert habe hier:
Gefahren Obwohl die allermeisten Schildkröten gesund und munter aus der Winterstarre erwachen, sind sie doch gewissen Risiken ausgesetzt. Keine Entwurmung kurz vor der Winterstarre! Falls eine chemische Entwurmung erforderlich ist, sollte sie unbedingt im Spätsommer durchgeführt werden. Die Schildkröte muss ca. 6 Wochen Zeit haben, sämtliche Würmer und ihre Zersetzungsprodukte auszuscheiden. Verbleibende abgestorbene Würmer führen zu Darmentzündungen. Im Zweifelsfall besser auf eine Entwurmung verzichten oder mit natürlichen Mitteln entwurmen! Zu Erfrierungen kommt es, wenn die Technik im Kühlschrank unbemerkt ausfällt oder wenn die Tiere in Garage, Schuppen, oder Gartenhaus in Kisten überwintert werden, wo sie sich bei einem plötzlichen Kälteeinbruch nicht tiefer eingraben können. Sowohl im Kühlschrank als auch im Gewächshaus/ Frühbeet können bei zu feuchter Überwinterung hornzersetzende Bakterien oder Pilze auftreten. Dieses Phänomen kommt in feuchten Jahren auch in der Natur vor. Durch Feuchtigkeit ausgelöster Befall mit Pilzen und/oder Bakterien am Panzer. Links zwei Thb aus menschlicher Obhut, rechts eine Tgi aus den Ostrodopen, Bulgarien Im Gewächshaus, Frühbeet, Garage oder Schuppen besteht die Gefahr, von Ratten oder Mäusen angeknabbert zu werden. Besonders Jungtiere oder nur oberflächlich vergrabene Tiere sind eine willkommene Beute. Mausefallen oder -Köder sind ein absolutes MUSS. Die Ofer: Thb-Schlüpflinge und der Übeltäter: eine Brandmaus
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