Exkursion in die

Rhodopen

29.06. - 03.07.2016

 

Die Rhodopen sind ein Gebirgszug im Süden Bulgariens, nahe den Grenzen zur Türkei und Griechenland. Die Region "Ostrhodopen" zählt zu den artenreichsten Lebensräumen Europas.

Mit unseren Freunden Ivo Inanchev und Iva Lalovska, den Betreibern der Schildkrötenschutzstation Geachelonia, und deren kleinem Sohn machen wir uns auf den Weg nach Südwesten. Verschlungene Straßen führen vorbei an Sonnenblumenfeldern und grünen Weiden. Wir passieren Orte mit Storchennestern auf jedem zweiten Strommasten. Immer häufiger begegnen uns Pferde- und Eselkarren. Nach ca. 3 Stunden haben wir eine Gegend erreicht, in der die sparsam vorhandenen Wegweiser nicht mehr weiter helfen. Und das liegt nicht nur an den kyrillischen Buchstaben. Abwechslungsreiche Landschaftsformationen aus Schluchten, Tälern, Wiesen, Gebirgsbächen prägen die Landschaft. Schließlich erreichen wir den Ort Rabovo nahe dem Staudamm Studen Kladenets am Fluss Arda - Ausgangspunkt für unsere Tagesausflüge.

 

Der Fluss Arda Naturschutzgebiet am Arda-Staudamm

Frauen in Pluderhosen und bunten Kopftüchern, Männer mit altertümlichen landwirtschaftlichen Geräten sind am Straßenrand beschäftigt. Üppige Tomatenfrüchte und Gurkenblüten leuchten durch Gartenzäune. Der kleine Ort Rabovo hat anscheinend mindestens ebenso viele Einwohner wie Kühe. Diese weiden frei auf den Hängen und marschieren abends selbstständig die Dorfstraße entlang in ihren heimatlichen Stall. Aus dem sandfarbenem und grünlichem Kalkstein sind Wohngebäude errichtet, die im Lauf der Zeit in ihre Bestandteile zerfallen und von den Berghängen aufgesogen zu werden scheinen. Überall sprudelt kristallklares Trinkwasser in steinerne Brunnen am Wegrand.Unsere bulgarischen Begleiter stellen fest, dass man hier mit der Landessprache bulgarisch nicht weit kommt. Die Einwohner sprechen türkisch. Von einem Minarett ertönt fünf mal täglich der Ruf des Muezzin zum Gebet.

grünliches Gestein Rabovo
Beeindruckende Flusslandschaft Kühle Erfrischung

Nicht nur für Reptilien- und Amphibienliebhaber sondern auch für Mineralienfreunde ist die Gegend ein Paradies. Achate und Opale kommen hier vor. Es gibt Höhlen und rätselhafte Gesteinsformationen, deren Entstehung noch nicht restlos entschlüsselt ist.

Rätselhafte Nischen in den Klippen Gästehaus direkt über dem Fluss


Störche, Geier, Frösche, Unken, leuchtend grüne Eidechsen, Nattern, Schlangen, seltsame Insekten und wunderschöne Schmetterlinge fallen uns auf, ohne dass wir gezielt danach suchen. Nach Schildkröten müssen wir schon etwas intensiver Ausschau halten.

 

      
Was für ein Schmetterling daraus wohl wird?   Ivo mit Würfelnatter
       
Libelle   Gelbbauchunke Bombina variegata
    
Monstergrille Bradyporus dasypus   Riesensmaragdeidechse Lacerta trilineata

Mit der Zeit schärft sich der Schildkröten-Blick. Am Rande von Dornensträuchern oder an Wegrändern halten sie sich gern auf. Das Fleckenmuster, das die Schatten auf ihre Panzer werfen, bilden eine perfekte Tarnung. Insgesamt entdecken wir 8 Testudo hermanni boettgeri,14 Testudo graeca ibera und eine Emys orbicularis. Wir hätten mit mehr gerechnet, befinden wir uns doch in Bulgariens drittgrößtem Verbreitungsgebiet von Landschildkröten. Aber natürlich freuen wir uns über jede Schildkröte. Abgesehen von einem 1-jährigen Tgi-Schlüpfling und einem 3-jährigen Tgi-Jungtier handelt es sich um adulte Tiere, 2 davon waren sogar schon sehr alt. Bei Thb sind es überwiegend Männchen, bei Tgi ist das Geschlechterverhältnis ausgewogen. Einige haben Unregelmäßigkeiten am Carapax, die nach verheilten Sturzverletzungen aussehen. Kein Wunder, die Mehrzahl der Tiere sahen wir an Klippen und Steilhängen.

Die Hitze ist kaum auszuhalten. Die Temperaturen liegen schon den gesamten Juni bei über 30°C, was für die Gegend nicht ungewöhnlich ist. Schon um diese Jahreszeit ist das Gras überwiegend gelb und man fragt sich, wovon sich die Schildkröten hier eigentlich ernähren. Wegwarte, Ferkelkraut und Hasenklee sind Futterpflanzen, die mir bekannt vorkommen. Ansonsten bestimmen abgeweidetes dürres Gras und Dornensträucher die Vegetation. Einer Tgi lege ich eine Pflaume vor die Nase, die sie mit desinteressiertem Blick betrachtet und sich dann abwendet. Man kann schnell auf die Idee kommen, dass bei uns zu Hause das Thema Futter völlig überbewertet wird.

Die Testudo hermanni boettgeri aus der Gegend wiesen in ihrer Erscheinungsform nicht die große Bandbreite auf wie die Tiere, die wir am Schwarzen Meer gesehen haben. Sie wirkten von Größe, Zeichnung und Panzerform her sehr ähnlich, fast wie Geschwistertiere. Das Gewicht der Adulten betrug schätzungsweise 700 - 900g. Die Grundfarbe war oliv bis gelb-oliv, der Grundriss nahezu kreisförmig, der Carapax bildete eine halbkugelige Form.

Das Plastron wies oft durchgehende schwarze Bänder auf, die zwischen Abdominal- und Femoralschild nicht unterbrochen waren. Ebenso wie bei den Schwarzmeer-Thb kann die Mittelnaht zwischen Pectoralschilden und Femoralschilden nicht als Unterscheidungsmerkmal zu Thh herangezogen werden. Die Pectoralnaht ist mal länger und mal kürzer als die Femoralnaht, manchmal auch gleich lang. Wer die Herkunft dieser Tiere nicht kennt, könnte sie aufgrund dieser Merkmale leicht für Unterartmischlinge zwischen Thb und Thh halten. Jedoch kann man eine Vermischung von Unterarten in diesem Lebensraum eindeutig ausschließen.

Thb Nr.1, Weibchen mit hinten angefressenem Carapax, Fundort:: Straße Thb Nr.2, Männchen, Fundort: Gebirge, Klippen
Thb Nr.3, Männchen mit verheilter Verletzung, Fundort: Gebirge Thb Nr.4, Männchen, Fundort: Wegrand
Thb Nr.5, sehr altes Männchen, Fundort: Wegrand Thb Nr.6, Weibchen mit verheilter Verletzung, Fundort: Wiese
Thb Nr.7, Männchen mit leichter Schildanomalie, Fundort: Gebüsch Thb Nr.8, Männchen Fundort: Pinienwald

 

Thb Nr.1 Thb Nr.2 Thb Nr.4

Thb Nr.5 Thb Nr.3 Thb Nr.7

 

Testudo graeca ibera bevorzugen noch trockenere Lebensräume als Testudo hermanni. Die Tiere waren vereinzelt unterwegs, nur einmal sahen wir ein Pärchen, das seine Balzaktivitäten sofort unterbrach, als wir auftauchten.

Hier einige typische Vertreter. Es fiel sofort auf, dass mehrere von ihnen weiße Flecken auf dem Carapax hatten (Pilz- und/oder Bakterienbefall), die Ivo auf eine zu feuchte Überwinterung zurückführte. Wir begnügten uns meistens damit, die Tiere zu beobachten. Nur wenige haben wir in die Hand genommen. Diejenigen, die wir näher betrachteten, waren - im Gegensatz zu Thb - in der Schwanzregion von Zecken befallen.

Tgi Nr. 1, altes Tier mit verheilten Panzerverletzungen, Fundort Hochplateau Tgi Nr.3,  mit weißen Flecken im Zentrum jedes Schildes, Fundort Hochplateau
Tgi Nr.6, Weibchen, Zeckenbefall, Fundort Pinienwald Tgi Nr.7, Jungtier ca.3 Jahre, Fundort Klippen
Tgi Nr.9 und10, Pärchen bei der Palz, Fundort: ausgetrocknetes Flussbett Tgi Nr.9, Weibchen mit Schildanomalie
Tgi Nr.8, Einjähriges Tier, Fundort: Klippen Tgi Nr.8, Plastron
Tgi Nr.11, Fundort: Wegrand Tgi Nr.14, Fundort: Wegrand, trockene Wiese

 

 

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