Sonne, mediterrane Farbenpracht, Schildkröten - Was will man mehr?!

Mallorca 2019

Zwei Kurzurlaube im Mai und im Oktober

Im Mai bestand unsere kleine Reisegruppe aus meinem Mann Emilio, unserer Schildkrötenfreundin Sara und mir. Eine idyllische Finca in der Nähe von Artà bildete die Ausgangsbasis für unsere Expeditionen. 

Schon auf der Fahrt vom Flughafen Palma Richtung Nordwesten stellten wir fest, dass es erheblich trockener war als im Vorjahr. Einheimische berichteten, es habe seit Oktober letzten Jahres nicht mehr geregnet. Dort, wo im vergangenen Jahr Klatschmohnfelder grellrot leuchteten, war die Landschaft hellbraun und kahl. Schafe steckten ihre Nasen in den verdorrten Boden. Wir fragten uns, wovon sich Wild- und Weidetiere eigentlich ernährten. 

Trotz der Dürre entdeckten wir abseits der Touristenströme T.hermanni hermanni in allen Größen, hauptsächlich adulte Tiere, aber auch Jungtiere und 1 oder 2-jährige. Die Weibchen waren deutlich in der Überzahl. Die meisten waren allein unterwegs. Selten entdeckten wir zwei zusammen.






 

Ihre Fähigkeit zur Tarnung ist immer wieder faszinierend. Für die Fotos haben wir das Gestrüpp etwas zur Seite geräumt. Die Schildkröten saßen fast alle im Schatten oder Halbschatten bei durchschnittlich 23 - 29°C. In der prallen Sonne haben wir keine angetroffen.


  

Auf den Schildkrötenexpeditionen haben sich meine Barfußschuhe bewährt. Ich hätte es mir nie verziehen, mit dicken Wanderstiefeln auf auf ein Jungtier zu treten.

 




Größenmessung mit einfachen Mitteln. Der Block hat Postkartenformat  10x15cm

Unterschiedliche Habitate

  




 Fundorte von Thh: Grasland, Macchia, Dünen, Ackerland, Pinienwaldrand, Felsen mit Dornensträuchern

Außer einzelnen mageren Pflänzchen - z.B. Wilde Möhre und Habichtskraut – waren im Mai kaum Futterpflanzen zu entdecken. Die riesigen Opuntien sind ja für am Boden lebende Wesen leider nicht erreichbar. Ein Thb-Weibchen sah ich etwas Braunes fressen, das nach Vogelkot aussah. 

 

Besuch der Wildtierstation Cofib (Consorcio de Recuperacion de la Fauna) 

 

Aufgaben der Station: 
- Bestandsaufnahme der Fauna Mallorcas
- Behandlung von verletzten Wildtieren
- Aufzucht und Auswilderung von Thh und Tgg

Schon im letzten Jahr hatte ich mich mit demTierarzt und Leiter der Station Lluis Parpal getroffen. Anlass war ein Austausch zum Thema Überwinterung. Wir wurden herzlich empfangen und bekamen eine Führung durch die gesamte Anlage. Während unseres Aufenthaltes wurde gerade ein verletzter Roter Milan eingeliefert. Außerdem wurden zwei beschlagnahmte Schildkröten aus Privathaltung gebracht.

Ich erfuhr, dass die Wintertemperaturen in den Schildkrötengebieten bei 6-10°C liegen und sogar manchmal bis 20°C ansteigen. Zwar gibt es auf Mallorca auch kältere Zonen mit gelegentlichem Frost, aber dort leben keine Schildkröten. T.graeca graeca leben nur im Südwesten, dem wärmsten Teil der Insel.

Bei meinem vorigen Besuch erwähnte Lluis das Problem, dass viele Schlüpflinge auf der Station den Winter nicht überlebten. Sie wurden entweder gar nicht oder nur kurz und unter künstlichen Bedingungen überwintert. Erfreulicherweise konnte die Todesrate nach der Umstellung auf eine naturnahe Überwinterung, wie ich sie in meinem Buch empfehle, deutlich gesenkt werden.   

Besichtigung der Station: Thh-Schlüpflinge, Volieren der Greifvögel

Interview mit Lluis Parpal: 

Das Gespräch habe ich auf spanisch geführt. Hier eine sinngemäße Übersetzung:

Ihr bekommt fast täglich verletzte Schildkröten. Welches sind die Hauptgefahrenquellen?
Motorsensen, Hunde, Autoverkehr. 
Wie sieht es mit Fressfeinden aus? 
Im Winter sind Ratten eine Gefahr, im Sommer dagegen nicht. Füchse, Wildschweine oder Wachbären gibt es bisher nicht auf Mallorca. 
Was rätst du jemandem, der eine Schildkröte findet? 
Schildkröten findet man selten. Spaziergänger gehen direkt daran vorbei, ohne sie zu sehen. Falls du eine Schildkröte auf der Straße sitzen siehst, bringe sie an eine Stelle in der nächsten Umgebung, wo weder Autos noch Hunde ihr Schaden zufügen können. 
Wie sollen sich Schildkrötenfreunde verhalten, die gezielt auf die Suche gehen? 
Fotografieren ist ok. Auch von unten darf sie fotografiert werden, außer in sehr trockenen Zeiten (normalerweise Juni bis August). Die Schildkröte soll auf keinen Fall mitgenommen oder an einen anderen Ort gebracht werden. 
Woher kommen die vielen Nachzuchten auf der Station?
Auf den Balearen gibt es insgesamt nur 12 autorisierte Züchter mit einer Haltungserlaubnis. Sie dürfen Thh und Tgg unter strengen kontrollierten Auflagen ausbrüten. Die Nachzuchten dürfen nicht verkauft werden. 
Was geschieht mit den auf der Station aufgezogenen Schildkröten?
Sie werden im Alter von 3-4 Jahren – je nach Größe - in vorgesehene Gebiete ausgewildert, z.B. auf der Finca de Capocorb oder im Parc Mondrago. Sie kommen auch nach Valencia. Um Vermischung auszuschließen, kommen sie auf dem Festland nicht in Gebiete mit ursprünglichen Thh-Vorkommen.
Kann ich erkennen, ob die Schildkröte am Fundort aufgewachsen ist, oder ob sie aus einem Aufzuchtprojekt stammt?
Auf den Balearen werden ausgewilderte Nachzuchten mit Kerben an den Marginalschilden markiert. An der Position der Kerben kann man erkennen, ob sie von Mallorca oder Menorca stammt und wann die SK ausgewildert wurde. Es gibt zur Zeit Überlegungen, auf Fotodokumentationen umzustellen.
In der Wildnis findet man aber auch immer wieder Exemplare ohne Kerben, die definitiv aus menschlicher Haltung stammen. Es sind zum Beispiel Tiere, die von Einheimischen oder Urlaubern frei gelassen wurden. 


 Mit  Kerben markierte Thh auf der Station und im Naturpark Mondrago

Mitte Oktober hatten Emilio und ich ein Stadthaus in Porto Christo gemietet. Rund um den Ort kann man mit etwas Glück T.hermanni hermanni entdecken. Das Wetter war sonnig und mild. Es hatte zwischenzeitlich auf Mallorca starke Wolkenbrüche gegeben, die aber anscheinend nicht überall angekommen waren. Im Nordosten dagegen waren sogar Rosmarin und Zistrosen vertrocknet. Außer immergünen Mastix-Sträuchern und Pinien gab es in den nordöstlichen Schildkrötenhabitaten nur graues Gestrüpp. Entlang der Straßen blühte es gelb, so weit das Auge reichte. Es handelte sich um den Breitblättrigen Klebalant (Dittrichia viscosa). 

Auf einem Ausflug zu den Ruinen von Capocorb Vell tauchte ein Schild mit einem bedeutungsvollen Hinweis auf.Tatsächlich spürte Emilio einige Schildkröten auf. Die meisten Schildkröten waren dunkler gezeichnet als die Tiere im Osten und Norden.


 


Thh mit dunkler Zeichnung

Einen Tag verbrachten wir im "Parc Natural de Mondrago", wo regelmäßig Schildkröten ausgewildert werden. Obwohl es in dem weitläufigen Gelände üppige Wiesen gab, auf denen die bekannten Futterpflanzen Wegerich, Wegwarte oder Gänsedisteln wuchsen, hielten sich die Tiere erstaunlicherweise in den kargen, felsigen, von trockenem Dornensträuchern überwucherten Regionen auf. Wieder einmal hatte ich den Eindruck, dass das Thema Futter von uns Schildkrötenhaltern völlig überbewertet wird.

T..graeca graeca lebt im Westen der Insel. Diese lässt sich gerade den giftigen Aronstab schmecken


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